Statement zu den Konflikten

Bei der von uns organisierten Demo am 8. Mai ist es zu Konflikten gekommen, die dazu geführt haben, dass einige Gruppen bzw. Teilnehmende die Demo vorzeitig verlassen haben und ein geplanter Beitrag der Initiative 19. Februar aus Hanau nicht mehr stattgefunden hat. Diese Vorkommnisse haben uns sehr bewegt und betroffen gemacht. Nachdem wir in den letzten Tagen mit einigen der Beteiligten ins Gespräch kommen konnten und uns Zeit für den Austausch untereinander genommen haben, möchten wir uns hier dazu äußern. Dabei ist festzuhalten, dass wir trotz allen Austausches keine umfassende oder objektive Darstellung geben können. Stattdessen möchten wir vor allem auf unser Verhalten als Demo-Orga eingehen und unsere Sicht auf die Geschehnisse darstellen, um Transparenz zu schaffen. Ein schriftlicher Nachtrag kann insgesamt nur bedingt zur Klärung beitragen. Wer direkt mit uns über die Vorkommnisse sprechen möchte, kann sich auch weiterhin sehr gerne über unsere Emailadresse (mittemai [at] riseup [punkt] net) melden.

Hier also wie wir den Konflikt auf der Demo wahrgenommen haben und wie wir damit umgegangen sind: Schon kurz nach Beginn der Demo kamen Menschen aus der Initiative 19. Februar auf einige von uns zu, um zu sagen, dass sie es problematisch finden, wenn auf der Demo Fahnen kurdischer Organisationen und Nationalflaggen gezeigt werden. Sie begründeten dies mit Absprachen innerhalb ihrer Initiative, die sie nach politischen Konflikten in Hanau getroffen haben. Die Gruppe formulierte deshalb die Bitte, dass solche Fahnen herunter genommen werden, da sie sonst nicht mehr an der Demo teilnehmen könnte. Es war unser Anliegen, der Initiative als Vertreterin der Betroffenen des Anschlags in Hanau auf unserer Demo eine Stimme zu geben. Nach mehreren kurzen Gesprächen sahen wir deshalb einen gangbaren Kompromiss darin, die Bitte, Nationalflaggen herunter zu nehmen, am Halitplatz über den Lauti zu teilen. Wir haben diese Aufforderung bewusst als Bitte formuliert, ohne damit ein Verbot aussprechen zu wollen.

Parallel zu unserer Durchsage entwickelte sich allerdings im hinteren Teil des Halitplatzes eine direkte verbale Auseinandersetzung zwischen einigen Teilnehmenden aus Hanau und anderen Teilnehmenden der Demonstration, die mit Nationalflaggen der Alliierten und Israels da waren. Diese Teilnehmenden kamen daraufhin auf uns zu und erklärten, dass auch ihnen von den Hanauer*innen gesagt wurde, dass diese nicht auf der Demo bleiben würden, wenn die Fahnen nicht herunter genommen werden. Dabei seien auch aggressive und beleidigende Äußerungen gefallen. Die Gruppe mit den Fahnen entschloss sich daraufhin, die Demonstration ihrerseits zu verlassen, obwohl sie das politisch falsch fanden, um den weiteren Ablauf der Demo nicht in Frage zu stellen. Gleichzeitig entschied auch die Initiative 19. Februar nicht weiter an der Demonstration teilzunehmen, um den direkten Konflikt aufzulösen und die Situation zu beruhigen.

Informationen zu diesem Geschehen haben uns als Demo-Orga erst bruchstückhaft und nicht für alle Einzelnen nachvollziehbar erreicht. Da uns als Gruppe der Überblick fehlte und wir auf dieser Grundlage keine guten anderen Entscheidungen treffen konnten, haben wir uns dann entschlossen, die Demonstration nach dem Abgang beider Gruppen fortzusetzen und es bei einer kurzen Erklärung zu belassen, dass der Beitrag aus Hanau leider ausfällt.

Über das konkrete Geschehen hinaus, haben uns diese Ereignisse eines vor Augen geführt: Nämlich wie wichtig es ist, aktiv daran zu arbeiten antifaschistische Allianzen zu bilden. Denn ein Antifaschismus, zu dem die Stimmen der Opfer rechter Gewalt in Deutschland ebenso dazugehören, wie der Kampf aktueller Bewegungen gegen den Faschismus in anderen Ländern, sowie die historische Erinnerung an die Überwindung des deutschen Faschismus durch die Alliierten, ist nicht selbstverständlich. Vielleicht aus Naivität, vielleicht auch einfach weil wir irgendwo anfangen mussten, haben wir die dabei aufkommenden Schwierigkeiten nicht richtig eingeschätzt. In verschiedene Richtungen wären intensivere Vorgespräche sicher hilfreich gewesen, um bestimmte Situationen vorzubereiten. Wir hoffen, dass wir gemeinsam aus diesen Erfahrungen lernen können. Wir wissen, wir sind mit diesen Fragen nicht allein. Wir würden uns daher freuen, weiter mit allen Mitstreiter*innen in Kassel, Hanau, Halle und anderen Orten solidarisch am Aufbau antifaschistischer Allianzen zusammenzuwirken.