NDRS

„Antifaschismus dagegen ist eine Aufgabe, die auf unbestimmte Zeit kein Ende finden wird.“

Diesen Text haben wir von NDRS (Nach Dem Rechten Sehen) bekommen. Die Gruppe reagiert damit auf unsere Frage nach den Zusammenhängen zwischen dem 8. Mai, Tag der Befreiung, dem 6. April, Todestag von Halit Yozgat und dem 2. Juni, Todestag von Walter Lübcke.

Der ‘Tag der Befreiung’ ist der internationale Gedenktag anlässlich der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht und damit des Sieges der Alliierten über Nazideutschland am 08. Mai 1945. An diesem Tag endete der zweite Weltkrieg in Europa – ein Krieg, in dem Deutschland im Zeichen einer totalitären Rassenideologie und eines Vernichtungsantisemitismus beispiellose Verbrechen verübte und in dem weit über 60 Millionen Menschen starben. Robert Jackson, der als Chefankläger während des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses Ende 1945 tätig war, fand bereits damals Worte, die die Drastik der Geschehnisse bezeugen:

„Die Untaten, die wir verurteilen und bestrafen wollen, waren so ausgeklügelt, so bösartig und verheerend, dass die zivilisierte Welt sie nicht ignorieren kann, weil sie ihre Wiederholung nicht überleben würde.“

Aus Sicht der Deutschen war der 08. Mai 1945 allerdings zuallererst der Tag der Niederlage und das Ende des Phantasmas der Deutschen Volksgemeinschaft, das der Großteil der Deutschen fanatisch zu verwirklichen gesucht hatte. Als Tag der Befreiung galt er den vom NS-Regime Verfolgten, Internierten und Geschundenen, von denen unzählige das Ende des Nationalsozialismus nicht erlebten.

Unter dem Schlagwort der ‘Stunde Null’ wurde in der bundesdeutschen Nachkriegszeit insinuiert, dass die totale Niederlage einen ebenso totalen Bruch mit der nationalsozialistischen Ideologie und Geschichte bedeutete und dass keinerlei Kontinuitäten bestünden, weshalb man einen ‘Schlussstrich’ unter die Geschehnisse ziehen könne. Erst 1985 widersprach der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner Rede zum 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa öffentlichkeitswirksam dem Mythos der ‘Stunde Null’ und erklärte den 08. Mai zum ‘Tag der Befreiung’, was bemerkenswerten Widerstand aus den Reihen der CDU und der FDP nach sich zog – Franz Joseph Strauß etwa forderte im Anschluss, die Vergangenheit “in der Versenkung” verschwinden zu lassen. Auch hierin deutet sich ein Umgang mit der deutschen Vergangenheit an, der auf ihre Überwindung zielt, wo eine Bewältigung im Sinne ihrer tiefgreifenden Aufarbeitung angezeigt wäre.

Die Versuche, die deutsche Vergangenheit zu verleugnen, zu verharmlosen oder umzudeuten sind die Voraussetzungen dafür, dass die nationalsozialistische Ideologie in den Einstellungen, Worten und Taten einiger Menschen das Ende des NS-Staates überleben konnte.

Allein seit der Wiedervereinigung Deutschlands wurden offiziell über 200 Todesopfer rechter Gewalt registriert, wobei die Dunkelziffer um einiges darüber liegt. In Kassel tötete der sogenannte ‘Nationalsozialistische Untergrund’ 2006 Halit Yozgat in dessen Internetcafé. Die Umstände der Tat sind bis heute nicht restlos aufgeklärt. 2019 erschoss der Neonazi Stephan Ernst den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke auf dessen Veranda. Ungezählt sind die Gewaltakte und Schikanen Rechtsradikaler gegen alle Menschen, die sie auf Basis ihrer menschenverachtenden Ideologie zu Feinden erklärt haben. Der 08. Mai ist ein Mahnmal: Der Sieg über Nazideutschland ist ein geschichtliches Datum, auf das wir heute zurückblicken und dessen wir gedenken.

Antifaschismus dagegen ist eine Aufgabe, die auf unbestimmte Zeit kein Ende finden wird.