8. Mai ‚Tag der Befreiung‘
Am 8. Mai 1945 wurde die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht wirksam und der Zweite Weltkrieg endete in Europa. Hitler war tot, der Nationalsozialismus besiegt und das Deutsche Reich von den Alliierten besetzt. So weit, so gut.
Nur war der Faschismus in Deutschland damit längst nicht überwunden. Im Gegenteil blieben viele alte Nazis in wichtigen Positionen in Staat und Gesellschaft z.B. als Richter:innen, Generäle , Beamt:innen. Während die Alliierten den 8. Mai (bzw. in der Sowjetunion den 9. Mai) als „Tag des Sieges“ / „Victory in Europe Day“ feierten, spielte der Tag in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft erstmal keine große Rolle. Viele verstanden ihn als „Tag der Kapitulation“ und taten ihn nach dem Motto „Niederlagen feiert man nicht“ ab. In der DDR war der 8. Mai im Gegensatz dazu als „Tag der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus“ zeitweise offizieller Feiertag.
Die Situation in der BRD änderte sich im Laufe der 1970er Jahre, als Antifaschist:innen die Aufmerksamkeit auf den 8. Mai als einen „Tag der Befreiung“ richteten und am 10. Mai 1975 (30. Jahrestag) eine erste große Demonstration zu diesem Anlass in Frankfurt am Main mit ca. 40.000 Teilnehmenden organisierten.
Die Debatte um eine neue Erinnerungskultur erreichte schließlich 1985 auch die staatliche Ebene, als Bundespräsident Weizsäcker in seiner Rede zum 40. Jahrestag des 8. Mai erklärte: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ Der „Tag der Befreiung“ war damit zum staatstragenden Konsens geworden.
Für uns geht es an diesem Tag weiterhin nicht um die Befreiung Deutschlands oder der Deutschen, sondern um die Befreiung der Welt von der Bedrohung durch den deutschen Faschismus. Jenseits staatlicher Gedenkrituale begehen Antifaschist:innen den 8. Mai auch heute noch als einen Tag der Mahnung an das uneingelöste Versprechen einer vollständigen Entnazifizierung und für den Aufbau einer antifaschistischen Gesellschaft. Dazu braucht es nach wie vor unser entschlossenes Handeln.
Erinnern. Widerstand. Konsequenzen. Solidarisch gegen rechte Gewalt in Kassel und überall!